
„Der Kampf gegen den Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen.“
(ALBERT CAMUS)
Angesichts der Zerreißproben durch das Corona-Virus, psychisch, wirtschaftlich, sozial, medizinisch und mehr, kommt mir die mythische Gestalt des Sisyphos in den Sinn. Das Bild und die Erzählung des sich abmühenden Sisyphos, der in der Unterwelt einen Felsblock auf ewig einen Berg hinaufwälzen muss, ist 3500 Jahre alt und weltweit bekannt.
Geht es uns in diesen Tagen nicht auch so? Da tun sich Kolosse auf, die angesichts der Pandemie zu bewältigen sind. Sorgen um die Zukunft, wirtschaftliche Not, Bangen um das tägliche Auskommen und Einkommen, die valide Gesundheit rücken pochend nah, werden für machen schon erdrückend.
In der Stadt Wilhelmshaven im Nordwesten Deutschlands, steht seit dem 12. Juli 2019 eine Bronzeskulptur des Sisyphos. Am Bontekai - nah am Südstrand. Der Künstler Hartmut Wiesner hat sie geschaffen. Die Unternehmerin Angelika Reichelt (Reichelt Elektronik) hat sie in Auftrag gegeben und gestiftet.
Für Angelika Reichelt ist Sisyphos eine "Figur, die nie den Mut verliert und die Hoffnung nicht aufgibt". Die Unternehmerin kaufte 1990 das verschuldete Familienunternehmen auf und führte es in ein gute Zukunft. Sie weiß, was es heißt, Kolosse zu stemmen. Seit 2010 im Ruhestand, widmet sie sich bis heute sozialen Projekten (u.a. Kinderhospizarbeit).
Der Maler und Bildhauer Hartmut Wiesner hat bei der Sisyphos-Skulptur den Felsbrocken bewusst durch eine rissige Weltkugel ersetzt. Sisyphos ist auch nicht nackt, er trägt eine Hose mit langen Hosenbeinen. Diese Verheutigung lässt mich immer neu nachdenklich zurück. Wir brauchen Kraft und Mut und Menschenherz in diesen kolossal anderen Zeiten.
Ich bin dankbar für diesen Impuls, den die Unternehmerin und der Künstler im öffentlichen Raum zeichenhaft gesetzt haben.
Die Herstellung der dreiteiligen Bronzefigur mit den Maßen 2,50 m x 1,50 m x 0,80 m dauerte ca. sechs Monate. Sie erfolgte im Wachsausschmelzverfahren durch zwei Bronzegießereien in Worpswede und Bremen.
Die außergewöhnliche Gestaltung des Sisyphos durch den in Wilhelmshaven lebenden Künstler lässt Raum für Interpretationen. Oft wird Sisyphos als kleine Gestalt gezeigt, die vom Felsbrocken geradezu erdrückt wird. Hier geht die Figur eher vorsichtig mit einer rissig und brüchig gewordenen Weltkugel um, die auf eine schiefe Ebene geraten ist. Sisyphos scheint sie eher sachte auf der Bahn halten zu wollen. Die Abschüssigkeit auffangend. Vorwärtsbringend. Eine kolossale Aufgabe, fortwährend.
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